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      21. September 2016

      Beruf „Trucker“: Alltag zwischen freiem Traumjob und Selbstausbeutung im knallharten Logistik-Wettbewerb

      • Qualifizierte Fahrer werden rar / Experte: „Ein Rechtsanwalt ist leichter zu finden“
      • Continental-Mobilitätsstudie belegt den Wandel des Berufsbilds mit steigenden Anforderungen
      • Fahrer beklagen mangelnde Zahl und Qualität von Park- und Rastplätzen
      • Automatisiertes Fahren steht auf Wunschliste ganz unten

      Hannover, im September 2016. Freiheit, Unabhängigkeit, sein eigener Herr „auf dem Bock“ sein – dieses Lebensgefühl eint Berufskraftfahrer noch immer: In der „Continental-Mobilitätsstudie 2016“ zum Thema Zukunft der Logistik geben 75 Prozent der befragten „Trucker“ an, dass ihnen das Fahren Spaß macht. Nur 15 Prozent sagen, sie seien aus Mangel an Alternativen zu ihrem Job gekommen. 55 Prozent möchten als Fahrer frei entscheiden und steuern. 67 Prozent würden ungern Einschränkungen ihrer Freiheit in Kauf nehmen – auch nicht für höhere Sicherheit durch Technik. Entsprechend niedrig ist der Wunsch nach Automatisiertem Fahren. 72 Prozent der Fahrer mit über 30 Jahren Berufserfahrung wünschen sich jedoch mehr Assistenzsysteme.

      Zufrieden zeigt sich die Mehrheit der Berufskraftfahrer mit ihren Pausen- und Ruhezeiten (64 Prozent) sowie ihren Arbeitszeiten (51 Prozent). Gleichzeitig sorgt aber genau dieses Thema für den meisten Ärger: Mehr als drei von vier Fahrern sind mit der Zahl der Lkw-Stellplätze auf Park- und Rastplätzen unzufrieden. Über die Hälfte (56 Prozent) kritisiert den Zustand der Stellplätze. Nur knapp jeder Vierte Trucker ist mit den Dusch- und Sanitär-Einrichtungen auf Rasthöfen einverstanden. Hoch im Kurs stehen bei mehr als der Hälfte der Befragten der Kontakt zu Kollegen (54 Prozent). Nur 10 Prozent sind mit dem Zustand der Straßen zufrieden. 64 Prozent gaben an, dass sie mit ihrem Gehalt unzufrieden oder sogar sehr unzufrieden seien.

      Gleichzeitig sind gut ausgebildete Fahrer gesucht. 91 Prozent der in der Studie befragten deutschen Logistik-Experten bestätigen einen schärfer werdenden Wettbewerb um Fahrer. „Es ist schwerer, einen Fahrer zu finden als einen Rechtsanwalt“, formuliert es ein Fachmann in der Studie. Daher müsse der Berufsalltag verbessert, das Cockpit als Arbeitsplatz attraktiver gestaltet, die Fahrer fortgebildet werden. Die Experten sehen zudem eine Zweiteilung des Markts in besser ausgebildete inländische und eher schlechter ausgebildete ausländische Fahrer. In China sehen die Befragten ebenfalls einen zunehmenden Wettbewerb um gut ausgebildete Fahrer. Allerdings bestätigen diesen Wettbewerb nur 74 Prozent.

      Dabei steigen die Anforderungen an den Beruf stetig. Mehr als 90 Prozent der Fahrer erwarten laut Studie künftig große Herausforderungen in Sachen beruflicher Qualifikation. Im Zuge des digitalen Wandels, GPS-unterstütztem Tracking und der Weiterentwicklung von Software bis zum Automatisierten Fahren wird das Steuern des Lkw mehr und mehr zur Nebensache. Der Fahrer übernimmt bei immer besserer Vernetzung und Konnektivität zunehmend Logistikplanung sowie Warenkontroll-, Koordinierungs- und Dispositionsaufgaben.

      Der Berufskraftfahrer ist inzwischen zumindest im Lieferverkehr oftmals der einzige menschliche Kontakt und damit die Visitenkarte, die der Kunde beim Empfang seiner Waren noch wahrnimmt. „Logistik hat auch ein menschliches Gesicht, daher investieren wir in Training, nicht nur Training technischer Fähigkeiten, sondern auch das Verhaltenstraining, das sehen wir als eine Zukunftsaufgabe“, unterstreicht ein Logistik-Fachmann in der Studie.

      Nach Angaben der Branchenkenner basieren zahlreiche Geschäftsmodelle immer noch „auf unbeschränkten Arbeitszeiten der Fahrer“. Ein Wissenschaftler warnt: „Die Selbstausbeutung der Fahrer kann nicht das Geschäftsmodell der Zukunft sein.“ Tatsächlich wird der Preisdruck weitergegeben, was auf die Arbeitsbedingungen durchschlägt: „Zwei Drittel unserer Umsätze werden über Subunternehmen abgewickelt, bei fremden Fahrern haben wir Qualitätsprobleme und die sind teilweise dem Preisdruck geschuldet.“

      Mit ihren Fahrzeugen selbst sind die Trucker durchaus zufrieden: Nur 7 Prozent der befragten beklagen eine mangelnde Zuverlässigkeit. Aber immerhin jeder Fünfte ist mit dem Komfort in der Fahrerkabine nicht zufrieden, ein Viertel mit der Kommunikationstechnik im Fahrzeug. Auffällig ist dabei, dass die schlechtesten Noten von Fahrern von Lastwagen bis 7,5 Tonnen und damit den überwiegend im Nah- und Regionalverkehr aktiven Truckern vergeben werden.

      In den Logistikunternehmen ist man mit den Leistungen der Fahrer durchaus zufrieden: Mehr als zwei Drittel der Befragten loben die Zuverlässigkeit der Fahrer, 14 Prozent sehen diesen Aspekt eher negativ. Dies gilt aber vorwiegend für die Fahrer im eigenen Unternehmen, Beschäftigte von Subunternehmen werden eher kritisch betrachtet: „Es gibt (in Sachen Qualität) eine große Spanne zwischen den tariflich bezahlten eigenen Fahrern und den bei Subunternehmen eingesetzten Fahrern“, sagt ein Flottenexperte.

      Mit der „Mobilitätsstudie 2016 – Der vernetzte Truck“ legt das führende Technologieunternehmen Continental seine inzwischen vierte Mobilitätsstudie vor. Das Markt- und Sozialforschungsinstitut infas befragte Logistiker, Spediteure, Flottenbetreiber sowie Fernfahrer in Deutschland und China. Im Fokus stehen die Herausforderungen, die für die Logistikbranche durch Digitalisierung und Vernetzung entstehen.

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