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      06. August 2021

      The Walk of the World oder wie die Niederländer:innen mir etwas über Vielfalt beigebracht haben

      Sarah ist eine der Sprecher:innen unseres co-pride LGBTQIA Diversity Netzwerks. Begleiten Sie sie auf einem Ausflug nach Nimwegen, wo sie an einem der traditionellsten militärischen Ausdauerevents der Niederlande teilnimmt

      Ich heiße Sarah Schiller, und ich bin eine der Sprecher:innen des co-pride LGBTQIA Diversity Netzwerks der Continental.

      2006 habe ich bei Continental im Technology Centre in Hannover angefangen. Zwei Jahre später konnte ich auf Entsendung in die Slowakei meine erste Führungsverantwortung übernehmen. Nach meiner Rückkehr habe dann ich diverse Forschungs- und Produktentwicklungsprojekte geleitet. Besonders gefiel mir dabei, Menschen kreuz und quer durch die Organisation zusammenzubringen, um zusammen ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Heute bin ich als Head of Trial Molds Replacement verantwortlich für eine internationale Gruppe von Entwickler:innen von Prototypenwerkzeugen in Hannover und Wien.

      Während meine Stelle einen deutlich abgegrenzten technischen und personellen Schwerpunkt hat, kann ich mit unserem LGBTQIA Netzwerk die Firmenkultur der Continental im weiteren Sinne mitgestalten. Wir fördern dabei eine Kultur, die alle Mitarbeitenden annimmt wie sie sind, unabhängig von deren Geschlechtsidentität oder sexuellen Orientierung, und wo alle sich mit ihrem ganzen Sein mit einbringen können.

      Ob es darum geht welchen Einfluss wird ein Coming-Out auf die Karriere haben wird, oder wie etwa das dritte Geschlecht in der Personaldatenbank vorgehalten wird - es gibt einige Schwierigkeiten für queere Menschen in der Arbeitswelt. Und viele Leute wissen gar nicht, dass diese Herausforderungen auch heute noch bestehen. Deshalb bietet unser Netzwerk regelmäßig Workshops zur Bewusstseinsbildung an. Dort laden wir die Belegschaft ein, etwas über LGBTQIA zu lernen und auch gleich die eigenen Voreingenommenheiten zu reflektieren. Es ist immer grossartig mit anzusehen, wie motiviert die Leute sind, da etwas an der Kultur zu bewegen, und wie mutig sie mit uns ergründen, was ihr persönlicher Beitrag zur Veränderung ganz konkret sein kann.

      Ich kann meine Entscheidung, beim co-pride LGBTQIA Netzwerk von Continental mitzumachen, auf einen schönen Sommertag vor ein paar Jahren zurückführen. Damals reiste ich eigentlich mit ein paar Kolleg:innen zum Wandern in die Niederlande, durfte aber etwas über meine eigenen Vorurteile lernen. Hier ist die Geschichte…

      Der “Internationale Vierdaagse Afstandsmarsen Nijmegen” – “The Walk of the World” (auf Deutsch: der Nimwegenmarsch), ist das größte mehrtägige Marschevent der Welt. Seit 1909 versammeln sich Tausende von Wanderfans jeden Juli in Nimwegen in den Niederlanden. An vier aufeinanderfolgenden Tagen absolviert man bis zu 50 Kilometer täglich, abhängig von Alter, Geschlecht und persönlichem Anspruch. Was als Beweis militärischer Marschfähigkeiten begann, zieht heute 45000 mehrheitlich zivile Teilnehmer an.

      Als eine Kollegin in der Reifen F&E in Hannover mit der Idee ankam, beim „Vierdaagse“ mitzumachen, dachte ich erst: „Was für eine komische Idee. Welcher normale Mensch würde im Hochsommer freiwillig 50 Kilometer am Tag gehen?“. Natürlich fingen wir sofort mit der Vorbereitung an! Nach kurzer Zeit fand ich es recht angenehm, meine Wochenenden beim stundenlangen Trekking rund um Hannover zu verbringen.

      Bald schon kam die dritte Juliwoche, wir packten unsere Sachen, beluden das Auto, und los ging es nach Nimwegen. Worauf mich all die langen Wanderungen durch die ruhigen Landschaften der Region Hannover allerdings nicht vorbereitet hatten, waren die anderthalb Millionen Zuschauer, die die ganze Stadt in ein riesiges, vier Tage und Nächte dauerndes Volksfest verwandelten. Während 45000 Menschen marschierten, waren die Straßen voll von Leuten, die feierten, uns zujubelten und die allen „veel succes“ (Viel Erfolg) mit auf den Weg gaben. Niederländische Karnevalshits, Hardstyle Techno, Marschlieder und Evergreens wie „Sweet Caroline“ gingen nahtlos in einander über. Was für ein überraschender Hintergrund für so eine Ausdauerprüfung!

      Der Moment als mir ein Licht aufging, kam aber dann am zweiten Tag des Events. Wanderleute, so dachte ich, sind doch total konservativ und traditionell. Und mit genau der Einstellung gegenüber meinen Mitwandernden bin ich auch angetreten.

      An jenem “Roze Woensdag” (rosa Mittwoch) lernte ich jedoch zu meiner Überraschung und zu meiner Freude, dass die Leute im Marsch und drumherum traditionell etwas rosa-farbiges anziehen, um eine Art Christopher-Street-Day zu feiern. Man konnte ältere Damen im Flamingokostüm sehen (die an dem Tag trotzdem ihre 30 Kilometer absolvierten), Pfadfinder mit rosa Halstuch, und auch die Uniformen der Soldaten hatten auf einmal eine neue, rosige Farbe neben den üblichen Grüntönen. Die Zuschauer machten mit, und sogar die Kirchtürme an der Strecke trugen an diesem speziellen Tag die bekannten Regenbogenflaggen. Alle reichten der Queer Community die Hand, und gaben deren Anliegen Sichtbarkeit und unaufgeregte Anerkennung; das alles während gewandert wurde, und während die Party in vollem Gang, aber noch einen Zacken bunter, um uns herum weiterlief.

      Das war der Moment, der mich inspiriert hat, auch bei Continental an einer Veränderung zu arbeiten. Erst als mein eigenes Vorurteil da so in Scherben lag, wurde mir klar, wie hier Menschen aus allen Richtungen für vier Tage zusammenkamen, um gemeinsam das Menschsein in all seiner Vielfalt zu erleben, und die Herausforderungen des Nimwegenmarsches zu bestreiten. Egal welchen Alters, wo sie herkamen, wer sie waren oder wen sie liebten; am Ende des vierten Tages trafen sich alle zur Abschlussparade. Wir bekamen die traditionellen Gladiolen an den Rucksack gesteckt, und gingen gemeinsam auf die Ziellinie zu, wo uns der sichtbare Lohn für all die Mühen erwartete: die königliche Medaille für herausragende Marschfähigkeiten.

      Inzwischen habe ich den Vierdaagse bereits ein zweites Mal absolviert, und hoffe, dass ich das noch viele Male schaffen darf. Seine Vielfalt bereichert mich mit neuen Perspektiven, und ich begegne dort immer wieder neuen, interessanten Leuten. Vereint durch die Aufgabe begegnen sich Menschen, um in der Gemeinschaft etwas zu er-leben. Dieses Gefühl nehme ich mit in meine Rolle als Führungskraft bei Continental, und es ist auch was mein Herz leitet, wenn ich mit unserem co-pride LGBTQIA Netzwerk daran arbeite, Continental für alle noch besser zu machen.

      Dieser Artikel wurde von unserer Mitarbeiterin geschrieben.

      Sarah Schiller