Häufig gesucht
Vorschläge
    Direkt zu
      Pressemeldung
      29. März 2022

      Allianz der Chancen: Strukturwandel jetzt angehen

      • Demografischer Wandel, Digitalisierung und Dekarbonisierung führen zu tektonischen Verschiebungen am Arbeitsmarkt
      • Auswirkungen auf Beschäftigte in Deutschland bisher nur in Umrissen zu erkennen
      • Initiative von derzeit 36 Mitgliedsunternehmen und Unterstützern präsentiert Maßnahmenkatalog zur gemeinschaftlichen Bewältigung des Strukturwandels
      • Ariane Reinhart, Vorständin für Personal und Nachhaltigkeit bei Continental und Sprecherin der Allianz der Chancen: „Den Strukturwandel müssen wir aktiv und vor allem sozial nachhaltig gestalten. Uns ist es ein zentrales Anliegen, die deutsche Volkswirtschaft zukunftsfähig zu machen und massenhafte Arbeitslosigkeit mit aller Kraft zu vermeiden.“

      Berlin, 29. März 2022 – Die derzeit insgesamt 36 Mitgliedsunternehmen und Unterstützer der Initiative Allianz der Chancen haben sich gestern auf dem „Transformations-Summit“ in Berlin für ein entschlossenes, koordiniertes und gemeinsames Gegensteuern am Arbeitsmarkt ausgesprochen. „Demografischer Wandel, Digitalisierung und Dekarbonisierung führen zu einer tektonischen Verschiebung am Arbeitsmarkt, deren Ausmaße derzeit nur in Umrissen zu erkennen sind. Diesen Strukturwandel müssen wir aktiv und vor allem sozial nachhaltig gestalten – und zwar durch ein Zusammenwirken aller gesellschaftlichen Akteure“, sagte Ariane Reinhart, Vorständin für Personal und Nachhaltigkeit bei Continental und Sprecherin der Allianz der Chancen. „Uns ist es ein zentrales Anliegen, die deutsche Volkswirtschaft zukunftsfähig zu machen und massenhafte Arbeitslosigkeit, die zu sozialen Spannungen und Unfrieden führt, mit aller Kraft zu vermeiden.“

      Die branchenübergreifende, überregionale Initiative vertritt mehr als 1,3 Millionen Beschäftigte in Deutschland. Um die Auswirkungen des Strukturwandels auf den Arbeitsmarkt zu bewältigen, hat die Allianz der Chancen fünf Handlungsfelder identifiziert und auf ihrem „Transformations-Summit“ eine Reihe von Handlungsempfehlungen, konkrete Ideen und Lösungsvorschläge präsentiert.

      Transparenz schaffen über zukunftsrelevante Qualifikationen

      „Die Digitalisierung wird für eine strategische Steuerung des Transformationsprozesses noch nicht ausreichend genutzt“, sagte Birgit Bohle, Personalvorständin und Arbeitsdirektorin der Deutschen Telekom. „Derzeit fehlt Klarheit darüber, welche Fähigkeiten und Fertigkeiten und in welchem Umfang zukünftig auf dem Arbeitsmarkt benötigt werden. Daher brauchen wir eine digital gestützte, strategische und nationale Personalplanung.“ Die Allianz schlägt unter anderem vor, einen „Transformationsmonitor“ einzurichten, in dem bestehende Datenquellen zusammengeführt und um neue Erhebungsmethoden ergänzt werden – etwa die laufenden Arbeitsmarktdaten, demografische Daten oder Daten von den Ausbildungs- und Qualifizierungsorganen. Bohle: „Mit diesem Transformationsmonitor muss es möglich werden, Trends und Analysen zukünftig benötigter Qualifikationen und Berufsbilder transparent und strukturiert darzustellen – beispielsweise auf regionaler Ebene Lücken im Weiterbildungsangebot aufzuzeigen und regionalspezifische Übergangspfade zu analysieren.“

      Berufsausbildung aufwerten

      „Die Wertschätzung einer Berufsausbildung im Vergleich zu einer akademischen Ausbildung muss in der Gesellschaft zudem besser werden“, sagte Marion Rövekamp, Vorständin Personal und Recht beim Versorgungs-, Energie- und Telekommunikationsunternehmen EWE. „Dafür sollten Stellen zunehmend kompetenzbasiert ausgeschrieben und es sollte auf Forderungen nach einem bestimmten Abschluss – etwa Bachelor oder Master – verzichtet werden. Aber auch die finanzielle Attraktivität der Berufsausbildung muss verbessert werden, ohne dass die Ausbildungsbetriebe damit belastet werden. Die Ausbildungsvergütung muss von Steuern und Abgaben befreit werden“, forderte die EWE-Vorständin. Schließlich müsse auch die berufliche Ausbildung flexibler gemacht werden, um sie besser auf den digitalen und demografischen Wandel abstimmen zu können. „Konkret braucht es ein größeres Angebot an zweijährigen Berufsausbildungen“, sagte Rövekamp.

      Zugang zu Weiterbildung erleichtern

      Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall, forderte auf der Pressekonferenz eine ernst gemeinte Qualifizierungsoffensive in Deutschland: „Die öffentliche Förderung der beruflichen Weiterbildung ist derzeit viel zu unübersichtlich und zu wenig flexibel. Wir brauchen passgenaue Instrumente. Ein Beispiel ist das von uns vorgeschlagene Transformations- oder Qualifizierungs-Kurzarbeitergeld, das den Menschen die Möglichkeit gibt, sich leichter für andere Aufgaben zu qualifizieren. Hierzu gehört auch ein Ausbau der geförderten Bildungsteilzeit, als verbindlicher Anspruch, auch eine zweite Ausbildung im Berufsleben zu ermöglichen, wenn diese die Beschäftigungsperspektive verbessert“. Zudem sollte ergänzend geprüft werden, wie Entgeltverluste und Rentenanwartschaften von Beschäftigten temporär ausgeglichen werden können, wenn die Menschen in Engpassberufe oder Branchen mit einer niedrigeren Entgeltstruktur wechseln. „Dies kann aber alles nur dann funktionieren, wenn die Unternehmen in gute Arbeit in Deutschland investieren, Öffentliche Mittel sollen nicht unternehmerische Verantwortung gegenüber den Beschäftigten ersetzen“, sagte Hofmann.

      Brücken in neue Beschäftigung bauen

      „Es braucht zudem finanzielle Anreize, um die Bereitschaft zu Flexibilität und Weiterbildung zu fördern“, ergänzte Reinhart. „Zum Beispiel sollten Beschäftigte, denen die Kündigung droht, ihre Abfindungen steuerfrei erhalten, sofern sie ein neues Arbeitsverhältnis eingehen, das schlechter bezahlt ist als ihre bisherige Stelle.“

      Darüber hinaus sollten Steuererleichterungen für Erwerbstätige in Eng-passberufen eingeführt werden, um die Attraktivität dieser Berufsbilder zu steigern und den Wechsel ökonomisch zu erleichtern. Auf gesamt-wirtschaftlicher Ebene müsse es zudem Mechanismen geben, um Beschäftigungsungleichgewichte zum Nutzen aller Beteiligten abzubauen. „Gleichzeitig darf es nicht sein, dass die Sozialversicherungsbeiträge erhöht werden“, so Reinhart. „Arbeitslosigkeit und Transformation dürfen nicht diejenigen belasten, die Arbeit haben.“ Durch innovative Drehscheiben-Modelle könnten zum Beispiel Arbeitskräfte unternehmensübergreifend auf freie Stellen vermittelt werden – etwa, wenn Beschäftigte, die Unternehmen A dringend sucht, im Unternehmen B wegen Umstrukturierung oder Verlagerung der Geschäftstätigkeit mitunter nicht mehr gebraucht werden“, schlug Reinhart vor. Birgit Bohle ergänzte dazu: „Um hier vorhandenes Potenzial zu nutzen, müssen digitalisierungsfreundliche gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, zum Beispiel durch praxisorientierte Regelungen zum Datenschutz.“

      Arbeitskräfte für deutschen Arbeitsmarkt gewinnen

      Thomas Ogilvie, Konzernvorstand Personal und Arbeitsdirektor bei der Deutsche Post DHL Group, forderte eine noch stärkere Bereitschaft zur Integration, dies gilt insbesondere auch für den Arbeitsmarkt: „Die Veränderung der Altersstruktur in unserer Gesellschaft wird den allgemeinen Arbeitskräftemangel in den nächsten Jahren verschärfen, daher müssen wir alle Potenziale stärker ausschöpfen.“ Nach Auffassung der Allianz muss der Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt insbesondere für Menschen aus Nicht-EU-Ländern vereinfacht werden. Nach Schätzung der Bundesagentur für Arbeit werden jährlich mindestens 400.000 zusätzliche Arbeitskräfte aus dem Ausland benötigt, um die Lücke auszugleichen, welche die geburtenstarken Jahrgänge hinterlassen, wenn sie in den Ruhestand gehen. „Klar ist: Wir müssen Deutschland als Land der Chancen positionieren. Wer nach Deutschland kommt, soll sich willkommen fühlen“, so Ogilvie weiter. Um die Integration vom ersten Tag an zu erleichtern, müssten einwanderungswillige Arbeitskräfte bereits in deren Heimatland umfassend beim Spracherwerb und bei der Vorbereitung der Einreise unterstützt werden. „So sollten Ausbildungs-abschlüsse schneller anerkannt werden“, erläuterte Ogilvie den Standpunkt der Allianz.

      Abschließend sagte Ariane Reinhart als Sprecherin der Allianz der Chancen: „Wenn wir auf den von uns identifizierten zentralen Themenfeldern jetzt nicht schnell und grundlegend handeln, sind die Grundfesten unserer Volkswirtschaft und damit unser Wohlstand in ernsthafter Gefahr.“

      Mehr Informationen zur Allianz der Chancen sowie zur Charta, zu Handlungsempfeh­lungen und zu konkreten Projekten vor Ort unter www.allianz-der-chancen.de

      Pressekontakt:

      E-Mail: presse@allianzderchancen.de

      Telefon: +49 30 700186-935

      Verfügbare Dokumente